Ich beobachte sehr oft, dass Menschen eine gewisse Scheu haben, sich wirklich präsent zu zeigen. Vielleicht geht es dir ja auch so und du kennst das Gefühl von Unwohlsein, wenn alle Augen auf dich gerichtet sind oder du im Scheinwerferlicht stehst. Dieses Unwohlsein zeigt sich dann in der Körpersprache und in der Haltung. Du stehst nicht ganz sicher auf dem Boden, wackelst hin und her. Du sprichst mit Zurückhaltung und es kommen immer wieder “Ähs” hervor. Wenn dein Körper sprechen würde, dann würde sich das so anhören:
„Sorry, dass ich mich hier so wichtig mache, ich möchte gar nicht im Mittelpunkt stehen und etwas Besseres sein als ihr. Ich will euch zwar etwas sagen, aber bitte fühlt euch dadurch nicht angegriffen oder belehrt. Ich bin wirklich nichts Besonderes und will auch keinen extra Raum einnehmen.“
So oder so ähnlich klingt die Körpersprache, die ich vor allem bei jungen und coolen Menschen beobachte. Ja, ich habe etwas zu sagen, aber ich bin noch immer Teil von euch.
Das Bedürfnis nach Zugehörigkeit ist ein ganz selbstverständliches Grundbedürfnis. Präsent zu sein und sich präsent zu zeigen ist dazu kein Widerspruch. Im Gegenteil. Gerade weil du deine eigene Präsenz wahrnimmst und erfährst, kannst du auch die anderen in ihrer Einzigartigkeit wahrnehmen und dich mit ihnen verbinden.
Was bedeutet präsent sein?
Präsent sein bedeutet im Grund nicht anderes, als im Hier und Jetzt, in diesem Augenblick, gegenwärtig zu sein.
Dabei gibt es drei verschiedene Situationen, in denen Präsenz eine Rolle spielt.
- Präsent sein gegenüber anderen Menschen
Wir schenken anderen Menschen unsere gesamte Aufmerksamkeit. Wir hören wirklich zu, anstatt nur so zu tun oder unsere Meinung mitzuteilen. - Präsent sein gegenüber Aktivitäten und Aufgaben
Wir können uns auf eine Sache fokussieren und lenken uns nicht ständig ab, sondern bleiben bei der Sache. - Präsent sein uns selbst gegenüber
Wir nehmen wahr, was in uns selbst passiert, welche Emotionen oder körperlichen Empfindungen in uns gegenwärtig sind, oder auch welche Glaubenssätze an die Oberfläche stoßen.
Wie kannst du Präsenz erfahren?
Alle meine Trainings zu Präsenz und Auftreten beginnen mit einer Bewusstseinsübung zur eigenen Achse. Unsere Achse, die sich körperlich in unserer Wirbelsäule ausdrückt, befindet sich zwischen zwei Polen – dem Himmel und der Erde. Wir sind mit beiden verbunden.
Was bedeutet es, mit der Erde verwurzelt zu sein?
Verwurzelt zu sein bedeutet einen Halt zu haben, eine Geschichte zu haben, in Verbindung zu sein, mit den Menschen dieser Erde, mit unserer Geschichte und irdischen Erfahrung, mit unseren Vorfahren und Ahnen und mit unseren kollektiven Erfahrungen. Dazu lädt dich der Kontakt mit der Erde ein.
Was bedeutet es, mit dem Himmel verbunden zu sein?
Der Himmel ist der unendliche Raum über uns. Ein unendlicher Raum an Möglichkeiten, Geist, Spirit, Fülle, Träumen, Visionen und Potenzial. Sich mit dem Himmel zu verbinden heißt, sich für diesen unendlichen Raum zu öffnen und Möglichkeiten zuzulassen.
Präsent sein heißt, sich dieser Spannung zwischen Erde und Himmel bewusst zu sein und sie fließen zu lassen. Die Achse steht für die Verbindung zwischen Geist und Materie, zwischen Vergangenheit und Zukunft, zwischen Realität und Vision. Sie ist deine Vertikale, deine Haltung und der gegenwärtige Ausdruck deines Seins.
Wie kannst du Präsenz spüren?
Ich möchte dich zu einer einfachen Übung einladen.
Nimm dir dafür ein paar Minuten Zeit. Ich empfehle dir, diese Übung im Stehen zu machen. Wenn es nicht anders geht, funktioniert sie aber auch im Sitzen.
Die Übung: Achse
Stell dich so hin, dass deine Füße hüftbreit nebeneinander stehen und schließe die Augen. Nimm wahr, wie deine Füße auf der Erde stehen. Stell dir vor, wie du über deine Füße mit der Erde verbunden bist, so als ob deine Füße Wurzeln bis zum Erdmittelpunkt haben.
Stell dir vor, dass außer dir noch andere Menschen auf dieser Erde stehen. Deine Liebsten, deine Familie, Freunde, Kolleg:innen, Menschen deiner Stadt, deines Landes und Menschen dieser Erde. So wie deine Füße den Boden berühren, berühren auch all die anderen Menschen den Boden dieser Erde. Du bist mit ihnen verbunden, genauso wie mit deinen Ahnen und deiner Geschichte.
Geh mit deiner Aufmerksamkeit über deine Beine zum Becken und wandere die Wirbelsäule hoch bis zum Scheitel und deinem Kronenpunkt.
Stell dir vor, dass die Verlängerung der Wirbelsäule weit in den Himmel bis ins Universum reicht. Nimm diesen unendlichen Raum wahr, mit dem du über deinen Geist verbunden bist. Nimm die unbegrenzten Möglichkeiten dieses offenen Raums wahr.
Du bist zwischen diesen beiden Polen gespannt. Nimm wahr, wie diese Achse dich hält und trägt. Deine Arme hängen ganz entspannt und der Kopf ruht auf deiner Wirbelsäule. Es kostet dich keine Kraft.
Nimm deine Aufrichtung wahr und wie du zwischen den beiden Polen aufgespannt bist. Wenn du magst, kannst du jetzt noch ein Licht in deinem Herzen aufgehen lassen und dich mit dem Licht der Herzen all der Menschen auf unserer Erde verbinden. Schenk ihnen ein Lächeln.
Dann nimm 2 tiefe Atemzüge und öffne langsam die Augen.
Wenn du jetzt ganz bewusst aus dieser Spannung rausgehst, beobachte dabei, was dein Körper in dem Moment macht. Wie er quasi in sich zusammenfällt.
Präsenz durch Haltung
Diese ganz einfache Übung verleiht dir sofort eine körperliche Präsenz und positive Spannung, und das auf eine völlig unangestrengte Weise. Sie verdeutlicht dir auch, dass Präsenz kein Egotrip ist, nach dem Motto: „Seht her, hier bin ich.“
Präsent sein heißt, in Verbindung sein mit allem und dazu eine Haltung einzunehmen. Das gibt dir einen inneren Halt und lässt dich strahlen.
Meine Klient:innen sind meistens total überrascht, wie einfach es ist, eine präsente Haltung einzunehmen. Sie erzählen mir voller Begeisterung, wie sehr ihnen diese Übung bei den verschiedenen Anlässen hilft, sofort anwesend zu sein. Die innere Sicherheit, die sie dadurch erfahren, ermöglicht ihnen, sich einerseits angstfrei zu zeigen und gleichzeitig eine empathische Verbindung mit den Menschen um sie herum aufzubauen.
Probiere es selber einfach mal aus.
Präsent sein ist das schönste Geschenk, welches wir uns selbst und anderen geben können.